Katja fragt – Markus Berger
Inhalt
Nachdem ich Markus Berger kennenlernte bekam ich schnell das Gefühl, das ist ein Mensch der seiner kreativen und von großem Interesse getriebenen Neugier folgt. Sein Lebenslauf bzw. das Interview welches ich mit ihm führte, bestätigte mir dies. Interessiert am Menschen begibt er sich stehts in neue Abenteuer. Die Liebe zum Kreativen, Mensch und Natur verbindet uns.
Geboren wurde Markus Berger am 1. April 1945 in Basel. Von 1961 – 1963 besuchte er das Lehrerseminar St. Michael in Zug und erwarb sein Lehrerpatent. In den Jahren 1968 – 1974 wurde er zum Regisseur ausgebildet incl. eins sechs semestrigen Studiums der Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte an den Universitäten Zürich und Basel.
Er unterrichtete an verschiedenen Schulen und war als freier Regisseur tätig. Nebenbei inszenierte er immer wieder an Schulen, Laienbühnen und mit Berufsschauspielern.
Seit 2008 ist Markus Berger pensioniert. Das hält ihn jedoch nicht davon ab weiter in seinem Fach und seinen Interessen tätig zu sein. Er ist Leiter diverser Seminare im Bereich „Erzähl- und Redekunst“ in Zürich Luzern.
Immer wieder reiste er zu indigenen Völkern und lebte dort wie einer ihres Gleichen mit.
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Das Interview mit Markus Berger ist das erste Interview, welches ich je geführt habe. Es hat mir große Lust auf noch mehr und ausführlichere Gespräche mit ihm gemacht. Ich hoffe, Dir lieber Leser geht es auch so. Gerne hinterlasse mir einen Kommentar.
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Katja: Hallo Markus.
Markus: Grüß dich Katja.
Katja: Ich freue mich, dass du heute gekommen bist. Ich finde es eine besondere Ehre, dass du dich mir als Interviewpartner zur Verfügung stellst. Ich bin sehr gespannt auf das was wir jetzt machen.
Markus: Ja, ich habe mich sehr darauf gefreut, das gibt mir ja auch die Möglichkeit über mich selber von einer anderen Warte her zu reflektieren und neue Aspekte über meine Vergangenheit, über mein Leben kennenzulernen. Man kennt sich ja meistens selbst am schlechtesten.
Katja: Ja das stimmt. Das ist mir auch schon aufgefallen, bei mir selbst.
Markus: Ja da stürze ich mich gerne in dieses Abenteuer, wenn auch mit Lampenfieber.
Katja: Ja, wer hat das nicht. Das geht mir ganz genauso. Also dann legen wir mal los.
Wir haben uns ja hier die Fragen, die werden jetzt willkürlich kommen, zurechtgelegt. Da ist quasi gar keine Vorbereitung da, das ist frei inspiriert was an Antworten kommt? Ich komme jetzt mit der ersten Frage die heißt:
Was bringt dich zum Blühen?
Markus: Ich hör jetzt grade draußen Vögel zwitschern, ich habe eine sehr starke Beziehung zur Natur. Im speziellen zu Vögeln und das kann mich zum Blühen bringen.
In meinem Leben ist es vor allem irgendeine Idee für eine Inszenierung. Und so eine Idee kann in mir arbeiten und ein Fieber entwickeln, so dass ich sehr schwer ertragbar werde für meine Umwelt oder für meine Partnerin. Ich denke dann nur noch an das und habe Phantasien.
Das ist so Hauptsache das was mich zum Blühen bringt. Eine Spielidee zu einer Szene oder einem Stück, dass ich inszenieren möchte usw.
Katja: Das heißt also das Theater und das Stück ist deine Leidenschaft.
Markus: Ja, auch ein Teil meines Berufes.
Katja: Das finde ich ja schon beneidenswert, wenn das so ist, dass man als Person zum Blühen gebracht werden kann und, dass man das vor allen Dingen im Leben gefunden hat was einem zum Blühen bringt.
Markus: Das ist ein kostbares Gut, das muss ich schon sagen? Das bringt aber auch vielleicht Leiden und Probleme mit sich, wenn das Gegenüber plötzlich dieses Feuer nicht verstehen kann oder man hat ein Gegenüber das dauernd versucht das Feuer zu löschen indem einfach so Bemerkungen kommen, ja das ist doch Phantasie, ja das geht doch nicht, ja Schau doch mal was das kostet oder das verstehen die Leute doch nicht und so immer nur negative, negative Sachen.
Das erleb ich eben viel. Da konnte ich schlecht damit umgehen. Das hat mir dann schlaflose Nächte gebracht.
Heute prallt es an mir ab, geh ich einfach meinen Weg und ich mach das und die anderen können mitkommen oder halt nicht.
Katja: Ja, da bist du eigentlich voll im Zeitgeschehen drin, denn seit ich mich mit Bloggen und Persönlichkeitsentwicklung beschäftige. Fällt mir auf, dass das was du grade beschrieben hast genau das ist was die Menschen beschäftigt.
Kommen wir zur nächsten Frage.
Ist es Liebe wenn…. ?
Markus: ….. jetzt denk ich an die Liebe zu einer Person oder zu einer Partnerin. …. ja der Satz müsste eigentlich weitergehen.
Ist es Liebe, wenn ich dazu ja sagen würde oder mich da darauf einstellen könnte. Wenn man verliebt ist kann man das einfach ohne Reflektion und später kommen andere Zeiten. … ja für mich ist die Würde des Menschen einfach sehr stark im Vordergrund.
Das tönt jetzt vielleicht ein bisschen moralisch aber ich bin damit sehr weit gekommen.
Also wenn ich den ganzen Menschen einfach annehmen das ist die Liebe dann. Wenn ich ihn als Person als Mensch, als geistiges auch körperliches Wesen annehme und mich angezogen fühle und so weiter.
Katja: Ich benutze auch gerne das Wort schätzen, also jemanden zu schätzen.
Markus: Ja
Katja: Kommen wir zur nächsten Frage:
Was lähmt dich?
Markus: Mich lähmt, wenn jemand mein Feuer nicht teilen kann. Da weiß ich mir dann oft nicht zu helfen. …. nicht mit dem gleichen Feuer an die Arbeit geht, sei es jetzt ein Schauspieler oder eine gute Idee. Jemand … bei einer Diskussion oder bei einer Party lähmt mich aber auch ein oberflächliches Gespräch wo man einfach nur so dahinplätschert und nie in die Tiefe geht, so Allgemeinheiten.
Mich lähmt eine Fernsehserie über rote Rosen oder so irgendetwas. Das ist für mich das lähmendeste. Es gibt langweilige schlecht inszenierte Fernsehspiele die nur aus Action bestehen.
Ah ja, alles schon gesehen, kann ich abschalten. Wenn keine Herausforderung kommt. Ich glaube das ist das Stichwort.
Wenn ich Unterhaltung bekomme wo andere sagen das ist Unterhaltung, damit werden die meisten Menschen unterhalten das ist dann für mich das langweiligste und lähmendeste weil es keine Herausforderung ist. Ich kann nicht mitdenken?
Katja: Es ist keine Inspiration da.
Markus: Ich werd nicht gefordert ich will gefordert werden. Auch bei einer Fernsehsendung möchte ich mit dem Notizblock daneben sein und etwas Neues lernen.
Katja: Man möchte gefordert sein, ich glaube das ist auch ein ganz großes Problem unserer Zeit.
Markus: Genau
Katja: Ich glaube das habe ich auch irgendwo mal gelesen was das Burnout ablösen wird, ist jetzt das Boreout, das wir alle gelangweilt sind und nicht mehr inspiriert werden. Ja und was ich auch schon erlebt hab, das was du anfangs gesagt hast, wenn man brennt für eine Idee und Andere können nicht mit.
Markus: Richtig ja.
Katja: Das ist ganz schwerer auf Menschen zu finden die da auch mitmachen. Umso toller, dass wir beide jetzt hier sitzen. (Wir beide lachen und freuen uns … )
Markus: Ja, ja und uns gegenseitig befeuern.
…
Was möchtest du von der Welt unbedingt sehen, … noch sehen?
Markus: Ja ich bin schon ein alter Mann. Hab da, …. rücksichtslos bin ich meine Wege gegangen. So gut es ging. Zu andern Völkern, zu indigenen Völkern gereist. Paar Mal in den Dschungel und dort gelebt. In die Wüste und Himalaya gewesen und so weiter.
Ich Reise einfach dorthin, wenn es mich dorthin zieht. Wenigstens in diesem Punkt bin ich sehr konsequent geblieben.
Das hat mir dann sehr viel gebracht. Ich bin in diesen Ländern nicht ein Tourist, sondern ich gehe als Gast in.
Katja: Du lebst mit den Menschen dort mit.
Markus: Ich bin nur in den ersten Tagen, wenn ich irgendwo ankommen in einem Hotel aber dann bin ich privat oder ich setze Verbindung auf zu einem Ethnologen und dann bin ich schnell, beim indigenen Volk, leb da und brauch nicht mehr.
Katja: Das hört sich ja …, die Frage war ja eigentlich: Was möchtest du noch sehen? Das hört sich ja so an als hättest du schon fast genug gesehen oder ist da noch was auf deiner Liste wo du noch unbedingt hinmöchtest?
Markus: Ja ich hab’s gemacht, ich bin glücklich damit. Aber Es gibt schon noch… Völker die ich noch sehen möcht. In drei Monaten bin ich in Benin in Afrika und werden da die Stämme der Dachomai kennenlernen und ihre Rituale und so weiter. Das möchte ich noch sehen ja.
Katja: Das ist spannend…
Hast du einen Moment an den du dich besonders gerne erinnerst?
Markus: … Ja, es war vor ein paar Tagen, war die Karwoche und da war der Karfreitag und wir kamen da mit paar Freunden ins Gespräch und zu ihrem völligen Erstaunen hab ich gesagt, Karfreitag war in meiner Jugendzeit immer mein liebster Tag im Jahr.
Wie, was, wo und so? Das ist doch langweilig da läuft nichts. In der Schweiz ist das ja ein gesetzlicher Feiertag. Da ist jedes Restaurant, jedes Kino, alles ist geschlossen es darf auch nichts aufgeführt werden und diese Stille habe ich am meisten genossen.
Also das war für mich … immer ein ganz besonderes Erlebnis. In der Familie zu sein, ich hab da eine sehr schöne Jugend erlebt und …. mit Freunden zu sein, einen Spaziergang zu machen und es bleibt nichts anderes übrig als vielleicht ein Musikstück zu hören, sofern es noch erlaubt war am Karfreitag, oder ein Buch zu lesen, aber man unterhält sich dann mit diesen Leuten und vor allem dann die Stille in der Stadt oder im Dorf.
Da erinnre ich mich einfach sehr, sehr gerne.
Ich war mal vier, fünf Tage taub als Folge einer Hirnhautentzündung. Da habe ich völlig das Gehör verloren. Ich war elf Jahre alt, im Bett und konnte nicht aufstehen, nicht mal meinem Kopf bewegen wegen den Schmerzen und da waren die Leute um mir und meinem Bett.
Meine Mutter und die Familie, Freunde und plötzlich sehe ich wie sie nur noch die Lippen bewegen, ich hab keinen Ton mehr gehört. Ich war plötzlich wie untergetaucht ins Wasser und das war für mich ein unglaublich schönes Erlebnis.
Katja: Schön?!?
Markus: Da erinnere ich mich sehr gerne an diese Stille. Ja, also wenn du mich fragst was ist dein schönstes Erlebnis. Dann ist es die Stille. Ich erschrak dann nach den vier Tagen, als das Gehör wieder zurück kam.
Katja: Ja das haben wir ja heutzutage ein bisschen verloren, dass wir uns an der Stille erfreuen können.
Markus: Ja, es hat mich geprägt diese Stille und auch das Meditieren, meine Mutter war drei Jahre im Kloster als Novizin, ist dann wieder ausgetreten und später war ich ihre zweite Karriere und …. diese Art auch Zuhause still sein, Exerzitien zu üben nicht reden, nicht Essen in der Fastenwoche oder Karwoche das fand ich immer unglaublich berührend und das war dann auch … hat mich begleitet mein ganzes Leben lang also ich hab gern Feste gehabt zum Beispiel.
Also als Jugendlicher mit vierzehn, fünfzehn Jahren wo man das erste Mal tanzt, mit Freundinnen in einem Festzelt im Dorf.
Ich war im Lärm, ich habe es genossen, da spielte eine Band und man hat mit Kollegen was getrunken, aber plötzlich kam der Moment wo ich raus ging aus dem Festzelt zum Wald hoch und wollte das Festzelt von der Ferne her genießen und blieb dort eine halbe Stunde, Stunde. Brauchte diese Stille, danach tauchte ich wieder ein. Das wurde zu meiner Gewohnheit.
Katja: Ja, das wäre jetzt auch meine Frage gewesen. Also, ich könnte mir vorstellen in der Stille dem Gegenüber anders begegnen, oder sich selbst. Aber so, wie du das jetzt gesagt hast war das ja für dich, um dir zu begegnen bzw. das was passiert ist ein bisschen von außen zu betrachten.
Eigentlich so der berühmte Schritt mal zurück und auf eine Situation drauf schauen, was ja auch oft empfohlen wird, wenn man in was drin ist mit dem man nicht klarkommt. Sich mal ein bisschen zu entfernen, und das hört sich so an, als wäre das Teil deines Lebens, dass du das immer wieder praktizierst, die Stille zu suchen.
Markus: Richtig, ich hab’s auch in meine Tätigkeit mit einbezogen als Theaterdozent, wenn ich Seminare gebe für Lehrer zur Weiterbildung oder für Erzähler oder Schauspieler, beim Dialog üben in die Übung eingebaut, wenn du sprichst, wenn ein Dialog entsteht zwischen zwei. Macht genau fünfzig Prozent Pausen von der gesamten Dialogzeit, die ihr sprecht.
Das fällt unglaublich vielen sehr schwer, dass sie darauf kommen, das beim dialogisieren im Theaterspiel ein ganz wesentlicher Teil ist, ich bleibe still um wahrnehmen zu können, ich bleibe still um dem Gegenüber Raum und Zeit zu geben. Also, es ist ein sehr, sehr aktiver Moment das Stillsein.
Katja: Und viele können das gar nicht aushalten. Ich kann mich daran erinnern, als ich in der Freikirche war, da habe ich die Anbetungszeit geleitet und es war etwas was ich gerne eingesetzt hab, mal zwei drei Minuten zu schweigen. … um auf Gott zu hören, was er zu sagen hatte. (Anmerkung Katja fragt: Daran glaubte ich damals.)
…Viel wichtiger ist ja, dass wir dem Anderen Raum geben und unseren eigenen Gedanken, durch diese Pausen. Das ist ja eine ganz andere Art von Kommunikation dann.
Markus: … und genau das hab ich dann immer wieder gesucht bei den Übungen oder auch bei den Inszenierungen, einem Schauspieler zu sagen mach hier mal eine Pause.
Das Wort Pause hab ich dann gehasst, weil die haben dann abgewartet und nachher gesprochen. Also eine Zeit genommen, ein paar Sekunden und die warn dann leer. Die dürfen nicht leer sein.
Dann hab ich das Wort Zäsur genommen, auch das hats nicht genau erfüllt was ich eigentlich sagen wollte. Am Schluss bin ich bei dem japanischen Wort gelandet, dem Mu. Wir machen jetzt eine Mu. M U.
Auf chinesisch heißt es Wu. Das heißt, Leere mit gefülltem Dialog. Es passiert etwas in dieser Stille. Es ist nach außen Stille, nach innen geht es weiter. Jetzt kurz gesagt. Ja und darum gibt es bei mir diese Mu – Übungen.
Katja: Da können wir etwas draus machen, aus dem Mu ….
Markus: Ja, wir brauchen ja so viele Fremdwörter in englisch in Texten und so, warum sollen wir nicht mal ein anderes nehmen.
Katja: Nee, nee drum geht es nicht, um das Wort. Ich meinte jetzt, was du gerade vorschlägst, diese gefüllte Pause. Das finde ich ne gute Idee ….
Was hast du als Kind gerne gemacht?
Markus: Ja ich war Zirkusdirektor als Kind. Ich war sehr scheu und sehr still, zurückgezogen in der Öffentlichkeit oder habe mich oft nicht gemeldet in der Schule, also zu wenig aufgestreckt und Lehrer haben sich immer beklagt bei meinen Eltern, wer ist dieser Markus, wir finden so schwer Zugang zu ihm, der redet wenig und dann hab ich viele Tiere gehabt Zuhause, Hase, Schildkröten und eine Schlange und ich habe Zirkus gemacht mit diesen Tieren.
Auch einen Hund ja, Appenzeller Hund und mit ihm hab ich so Nummern einstudiert und die Nachbarskinder, die waren dann Artisten in diesem Zirkus und ich war natürlich der Zirkusdirektor.
Da hab ich so viel Leidenschaft und Liebe da in diese Tätigkeit gelegt, dass sogar meine Mutter gestaunt hat, kaum war ich da so auf der Bühne, ein ganz anderer Mensch war, sie hatte gestaunt, weil dieser Wandel haben die einfach nicht begriffen, da war ich völlig anders. Das hab ich sehr gern gemacht einfach so ein Spieler.
Katja: Ein bisschen machst du das ja heute noch. Wahrscheinlich …
Früher war der Film alle, heute ist mir einfach die Kamera ausgegangen. Es wird eine Fortsetzung geben 🙂 das ist versprochen.
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